Außerirdische Wesen faszinieren die Menschen schon seit über 100 Jahren. Ridley Scott nutzte diese Faszination und mischte sie mit einer Prise Weiblichkeit. Daraus geboren wurde Ellen Ripley und das merkwürdige Vieh Alien, gezeichnet von H.R. Giger. Seither sind diese Kultfiguren kaum mehr wegzudenken. Das britische Studio The Creative Assembly schuf zum 35-jährigen Jubiläum 2014 dazu das Survival-Horrorspiel 'Alien: Isolation'. 15 Jahre nach dem ersten Film bekommt es Ripleys Tochter Amanda mit den schwarzen Ungetümen zu tun. Wie sonst soll es auch sein, denn sie sucht nach ihrer Mutter höchstpersönlich. Auf dieser furchteinflössenden Reise begleiten wir die junge Dame und Angstschweiß ist unser ständiger Begleiter. Ist diese Angst ein überzeugender Spielspaßbringer oder nagt der Frust doch ein wenig zu sehr am Spielspaß? Sehen wir uns das Spiel im Detail an.
von Peter Färberböck 18.05.15
18.05.15
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Alien: Isolation
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Weyland-Yutani und Androiden auf Sevastopol
Lang lebe Sevastopol! |
Diese Zeile könnte aus einem schlechten Film über den Kalten Krieg stammen. Alien-Fans horchen aber auf. Weyland-Yutani ist die Firma, in deren Dienst Ellen Ripley mit dem Raumfrachter Nostromo den Alien gefunden hat. Androiden waren immer schon zwielichtig und schüren ein gehöriges Maß Misstrauen und Sevastopol ist in dem Fall keine Stadt auf der Krim, sondern eine riesige Raumstation von der Weyland-Yutani Konkurrenz Seegson Corporation.
Was aber hat das alles mit Amanda Ripleys Mutter zu tun? Ganz einfach: Das Raumschiff Anesidora hat den Flugschreiber der Nostromo gefunden und könnte somit den Aufenthaltsort von Ripley aufklären. Weyland-Yutani hat natürlich Interesse daran Genaueres dazu herauszufinden, denn sie wussten ja vom außerirdischen Wesen. So schicken sie Amanda, den Androiden Samuels und Nina Taylor auf Captain Verlaines Schiff Torrens zur Raumstation. Dummerweise stellt sich die Sevastopol bei Ankunft als schwer beschädigt heraus und das Kommunikations-System ist vollständig ausgefallen. Sie versuchen also mit Raumanzügen auf die Station zu kommen, aber Trümmer trennen sie von ihren Sicherheitsleinen und sie schlagen einzeln auf der Raumstation ein.
Die Raumstation befindet sich dank der paranoiden Crew auch noch im bürgerkriegsähnlichen Zustand und ein "Killer" soll umherziehen. Natürlich stellt sich das Offensichtliche heraus: Der "Killer" ist kein anderer als der Alien. Das Versteckspiel inklusive beklemmender Angst kann beginnen.
Die Herzen der Fans schlagen höher – und schneller
Das Ding ist nützlich! |
Es stehen uns ungefähr 20 Stunden Paranoia, Versteckspiel und Flucht bevor. Kenner der Filme werden so einiges wiedererkennen – Gegenstände aus dem Film, Charaktere der Nostromo und nicht zuletzt der grandios eingearbeitete Soundtrack. Hauptsächlich spielt sich 'Alien: Isolation' wie eine großangelegte Hommage auf die ersten beiden Alien-Filme. Wir hacken uns durch die Systeme, schweißen uns durch Stahlplatten und verscheuchen zeitweise den Alien mit dem Flammenwerfer. Reine Adventure-Fans müssen also mit Action-Sequenzen leben. Selten setzt man zwar den Revolver ein, öfter setzt man den Androiden im Nahkampf zu und häufig verscheucht man ihn einfach mit dem Flammenwerfer.
Zu Androiden herrscht im Alien-Universum eine Hass-Liebe |
Wenn wir den Flammenwerfer umherschwingen, verliert das Versteckspiel gegen Aliens ein wenig den Reiz. Dafür müssen wir uns vor den feindlich gesinnten Androiden von Seegson in Acht nehmen. Durch die teilweise schon fast debile KI der Aliens und die deutlich schwieriger abzuschüttelnden Androiden wird hier das Spiel auch um ein Stück schwerer. Meistens bevölkern nämlich gleich ein paar Androiden das jeweilige Level. Im Gegensatz zu den Androiden aus den Filmen, sehen diese Seegson-Roboter schon deutlich weniger menschlich aus. Graue Kunststoffhaut, verzerrte Stimmen und leuchtende Augen – rot für feindlich, weiß für neutral – zeigen klar auf, warum Seegson nicht so erfolgreich wie Weyland-Yutani war. Von diesen Dingern könnte man Albträume kriegen, wenn da nicht die noch furchteinflößenderen Aliens wären.
Schaffe, schaffe, nützliche Gegenstände baue
Der Universal-Schraubenschlüssel |
Neben den Waffen haben wir aber noch so den einen oder anderen nützlichen Gegenstand dabei. Unser Universal-Schraubenschlüssel, der nicht nur schwere Bolzen öffnet, sondern auch Stromgeneratoren an- und abschaltet, der Schweißbrenner, der uns einige Türen und Schächte aufschweißen lässt und nicht zuletzt unser kleiner Zugangs-Tuner, eine Art Hacking-Tool, mit dem wir uns einige Computer-Terminals durch verschiedene Mini-Games zu Nutze machen können. In eine andere Kategorie fällt aber das rudimentäre Handwerk-System im Spiel. Mittels Bauplänen lernen wir nützliche Dinge wie ein Erste-Hilfe-Set in Form einer Spritze zu bauen, aber auch nützliche Waffen und Gegenstände zum Ablenken. Molotov-Cocktails, kleine Krachmacher, um Aliens und Menschen wegzulocken und EMP-Granaten sind nur eine Auswahl. Die meisten Dinge braucht man eigentlich nicht, aber viele Spielszenen werden dadurch deutlich einfacher. Schleichen wir uns an mehreren Gegnern kompliziert vorbei oder lenken wir sie kurz ab? Locken wir gar ein Alien an und lassen es die Arbeit erledigen? Auch moralisch durchaus eine Frage! Amanda ist ja im Grunde genommen eher friedlich.
Ein Augenschmaus und tolle Ideen…
Wunderschön! |
Grafisch bietet das Spiel so einiges. Auf maximalen Details wird die hauseigene Engine teilweise zum Augenschmaus. Der optionale grobkörnige Filter, der Kinofilme der 70er nachahmen soll, ist zwar Geschmackssache, aber auch gänzlich abschaltbar. Wer dann noch ein wenig mit Treiber-Tools und entsprechender Hardware auf Downsampling (höhere Auflösung berechnen und dann runterskalieren auf Bildschirmgröße) setzt, hat ein Spiel gänzlich ohne Treppen und Grafik, die mit sämtlichen Top-Grafik-Engines mithalten kann und sie teilweise sogar übertrumpft. Man ertappt sich immer wieder dabei staunend Details auf der Raumstation genau zu betrachten. Verbunden mit dem hervorragenden Soundtrack und der zeitweise exzellenten Atmosphäre, will man mehr Spiele dieser Art. Einzig die manchmal verpixelten Hintergründe im Weltall fallen negativ auf.
Wir müssen uns aber deutlich vor Augen halten, dass das Spiel sehr viel von den Alien-Filmen lebt und wer dieses Setting überhaupt nicht mag, wird hier auch keinen Spielspaß finden. Ein wenig Science-Fiction-Affinität sollte man schon haben.
Türöffnen fühlt sich auch so an! |
Dazu kommen einige Änderungen im Grund-Gameplay, die sich einige Spiele abschauen könnten. Eine Tür per Mausklick öffnen ist zwar interaktiv, hat aber wenig mit dem Türöffnen zu tun. In 'Alien: Isolation' nutzen wir die entsprechende Maustaste für die jeweilige Hand oder den Controller-Trigger, samt einer Bewegung nach unten (Taste ‚s‘ oder Analogstick nach unten). Schön ist hier auch, dass es sich bei verschiedenen Schaltern anders verhält. Große Schalter brauchen beide Arme, bei Generatoren muss man erst einmal etwas Kraft aufbauen, um ihn einzuschalten. Ein kleines Detail, das aber noch einmal die Atmosphäre verdichtet.
…aber Detailfehler und schreckliche KI
Amanda aus der seltenen Sicht der dritten Person! |
In den besagten Details liegen aber auch die Schwächen von 'Alien: Isolation'. Die größte Schwäche ist hier die mit Skripts gespickte KI. Manchmal werden wir vom Alien noch in einem Schacht entdeckt, ein anderes Mal kann man direkt vor oder neben ihm stehen und es passiert nichts. Während zu Beginn Herumgehen schon fast bestraft wird, kann man sich später komplett frei auf der Station bewegen. Aber selbst wenn man den Alien aus dem Stationsbereich verjagt hat, darf man niemals herumlaufen. Sofort bestraft dies der Alien mit einer gnadenlosen Suche. Komisch! Eigentlich sollte kein Alien mehr in dem Bereich sein. Hier wird das dann doch nicht so genau genommen. Ähnlich schräg sind Zwischensequenzen in First und Third Person. Die ersten Zwischensequenzen sind mit einer Kamera außerhalb aufgenommen und wir können Amanda selbst sehen. Aber danach gibt es nur noch Zwischensequenzen aus der Sicht von Amanda Ripley. Die eine Zwischensequenz hätte dann auch aus der Sicht gereicht, so wirkt sie ein wenig fehl am Platz.
Die (noch) nützliche EMP-Granate im Einsatz |
Ebenso sind Androiden in Gummianzügen immun gegen Stromschläge, auch wenn sie sie auf ungeschützte Bereiche wie das Gesicht bekommen, oder gar ganze Bereiche unter Strom gelegt werden. Das soll nur den Schwierigkeitsgrad erhöhen und ist zwar zum Teil logisch, aber wirkt andererseits auch etwas aufgesetzt – vor allem, weil wir später eine ganze Horde von „Gummi-Androiden“ mit einem riesigen Stromschlag töten. Hmm!
Vorgeschrieben oder zufällig?
Unberechenbar |
Der allerschlimmste Frustfaktor ist jedoch der Zufall. Während wir in einem Bereich komplett in Ruhe gelassen werden, reicht teilweise nur ein Ladevorgang oder ein Neustart des Spiels und plötzlich sucht der Alien mit ungeahnter Aggressivität. Mit etwas Geduld reichen ein paar Ladevorgänge und schon lässt er sich wieder nicht mehr blicken. Kurz gesagt: wem es zu schwierig ist, der kann einfach ein paar Mal neu laden probieren und das ganz unabhängig vom Schwierigkeitsgrad. Mit diesem muss man aber ein wenig aufpassen, dann die niedrigen Schwierigkeitsgrade rauben dem Spiel zugleich etwas Atmosphäre. Das Spiel lebt nunmal von der ständigen Angst entdeckt zu werden. Man sitzt hinter dem Tisch mit dem Bewegungssensor und hofft, dass der Alien nicht vorbeikommt. Oder man spürt den Atem des Aliens förmlich, weil er direkt vor einem steht – nur eine Spindtür trennt uns vom sicheren Tod. Vor allem der spätere Überfluss von Flammenwerfer-Munition bei geringem Schwierigkeitsgrad nimmt dem Alien etwas den Schrecken. Der mittlere Grad sollte es deshalb schon sein, wenn ein wenig Frust kein Problem ist. Die Höheren hingegen brillieren durch dauernde Munitions- und Baumaterialknappheit. Genau dieser Frust kann durchaus dazu führen, dass man das Spiel auch verflucht und einfach vollständig die Lust verliert. 'Alien: Isolation' ist quasi ein Spiel auf Messers Schneide, zwischen Genie und Wahnsinn. Teile des Spiels sind hervorragend und können geradezu genossen werden. Das Filmflair passt perfekt, es spielt sich als wär man mitten dabei. Zwischendurch wird durch Backtracking, lästige KI-Schwächen und nervige Androiden-Horden das Tempo teilweise so herausgenommen, dass der Spielspaß deutlich sinkt.
DLCs: Wenig Story-Content
Wiedersehen mit Ellen Ripley |
Für Begeisterte bietet die DLCs leider nur weitere Survival-Levels. Hier muss man nur lange genug überleben oder so schnell wie möglich ans Ziel kommen und Punkte jagen. Hier kann man sich dann mit anderen Spielern vergleichen. Anders sind jedoch die beiden DLCs Last Survivor und Crew Expendable. Hier geht es um den Alien auf der Nostromo und spielt bekannte Charaktere wie Ripley (in beiden Erweiterungen), Dallas oder Parker (beide nur in Crew Expendable). Leider sind beide DLCs in insgesamt ein bis zwei Stunden erledigt und sind auch sonst eher lineare Wege von einem zum anderen Schalter. Für Film-Fans aber durchaus empfehlenswert.